Wer schon länger und regelmäßig vorbeischaut hat es ja schon gemerkt: Der Grundschulkönig hübscht sich derzeit für Euch auf! Neben unserem überarbeiteten Maskottchen und den Arbeitsblättern in ansprechendem Design kommt nun auch frischer Wind in den Blog.
Unser neues Teammitglied Cosima erklärt in ihrem ersten (und kritischen) Beitrag zu Halloween, warum sie am 31. Oktober auf keinen Fall Süßigkeiten bereithalten wird. Schaut einfach mal rein und schreibt uns, wie Ihr es mit Halloween haltet. Wir sind gespannt!
Ein Kommentar von Cosima Kurz
Mit den ersten bunten Herbstblättern regen sich im Kopf meiner Tochter Halloween-Geister. Aufgeregt fragt sie, wie lang es noch bis Halloween dauert. „Welche Rolle spielt das?“, frage ich verwundert.
Wer braucht schon Halloween?!
Vor 20 Jahren wusste man von diesem amerikanischen Brauch, aber von Bedeutung war er hier nicht. Auf diesem Stand hätte das für mich auch bleiben können.
So einfach ist das aber leider nicht. Zum einen, weil meine Tochter fieberhaft Überlegungen anstellt, mit wem sie wann wohin wie verkleidet gehen kann, zum anderen, weil Halloween am 31. Oktober ist.
An diesem Tag vor 500 Jahren, so die Legende, wurde mit einer, ja, man kann sagen: revolutionären Protestschrift der gewohnte Lauf der Dinge harsch unterbrochen.
„Wenn der Taler im Beutel klingt, deine Seele sich in den Himmel schwingt“1
Dieser kernige Spruch beschreibt die damals gängige Überzeugung und Praxis, dass jede Sünde gegen eine entsprechende Zahlung an die Geistlichkeit vergeben würde. Inbegriffen war hierbei allerdings auch der Umkehrschluss: Wer nicht zahlt, wird eben elendig bis in alle Ewigkeit im Fegefeuer brennen.
Heute belächelt man solche Gedanken. Im strenggläubigen Mittelalter wurden sie zur Seelenqual aus Angst und Druck für die Menschen, während die religiösen Obrigkeiten sich unter dem Geldregen die Hände rieben.
Am 31. Oktober änderte sich alles
An eben jenem Tag im Jahr 1517 hatte Martin Luther den Mumm, diesen Missbrauch von Bibel und Macht öffentlich in 95 Thesen³ anzuprangern. Die Menschen nahmen seine Gedanken auf, es entstand eine weitreichende, massive Protestbewegung. Dies war die Grundsteinlegung für den heutigen „modernen“ Menschen und die Aufklärung. Ohne dies wären wir heute nicht die rational denkenden Menschen, die wir sind, befreit vom blinden Glauben und dem Ausgeliefertsein an eine Übermacht. Zugleich wurde mit dieser Handlung die evangelische Kirche wurde aus der Taufe gehoben. Und so gilt der Reformationstag als einer der wichtigsten evangelischen Feiertage.
Wo ist der Respekt vor dem Feiertag?
Ärgerlich genug, dass der Reformationstag in den meisten Bundesländern nicht mehr als solcher anerkannt ist. Dass neuerdings aber sogar Halloween-Parties an diesem Tag gefeiert werden und verkleidete Kinder an den Türen um Süßigkeiten betteln und erwarten, dass man ihren „Spaß“ (?) mitmacht, ist nochmal eine ganze andere Sache. Es wird so viel von Respekt gesprochen – wo ist an Halloween der Respekt vor dem Feiertag von rund 24 Millionen Evangelischen in Deutschland, der Schweiz und Österreich²? Wir könnten zum nächsten Maria Himmelfahrt ja mal eine bunte Polonaise bilden und die Leute aus den Häusern klingeln und zum Mitmachen einladen! Würde das auch akzeptiert und unterstützt?
Halloween demaskiert
Viele mag Kirchengeschichte oder Glaube nicht besonders interessieren, abgesehen von den damit verbundenen arbeitsfreien Tagen. Werfen wir nun also einen Blick ohne religiösen Hintergrund und Kommerz-Klimbim-Camouflage auf Halloween. Übrig bleiben...? Nett leuchtende ausgeschnitzte Kürbisse und gruselig verkleidete Kinder, die erschrecken wollen und bettelnd bzw. erpressend an fremden Türen klingeln. Vielleicht finden das manche spießig, aber ich empfinde es schlicht und ergreifend als unverschämt, von Kindern um Süßigkeiten angebettelt oder sogar „erpresst“ zu werden.
Für mich ist Halloween auch einfach nicht zu rechtfertigen. Verkleiden und Süßigkeiten einsammeln ist (schon) an Fasching angesagt, von Haus zu Haus ziehen können die Kinder zum Sternsingen (oder auch zum früheren Martinisingen) oder zum Anwünschen eines guten neuen Jahres an Neujahr – das ist immerhin eine nette Geste, über die man sich freuen kann. Nur, welchen Grund könnte es geben, wildfremden Kindern, die mich erschrecken und bedrohen wollen, freundlich lächelnd Süßigkeiten zu schenken?
Halloween ist unvereinbar mit den üblichen Erziehungsprinzipien
Ich erziehe meine Kinder zu Höflichkeit und schärfe ihnen ein, zu keinen Fremden ins Haus zu gehen oder gar Süßigkeiten von ihnen anzunehmen. Das Um-die-Häuser-Ziehen an Halloween ist damit aber ganz und gar unvereinbar, ein grober Widerspruch in der Erziehungshaltung, weswegen ich mich wundere, wie dieser Halloween-„Brauch“ sich überhaupt etablieren konnte.
Alternatividee: Thesen verteilen!
Somit muss meine Tochter sich damit abfinden, dass sie an Halloween so wenig wie an jedem anderen Tag im Jahr an fremden Türen klingeln, betteln oder freche Forderungen stellen wird. Wenn sie unbedingt feiern und sich verkleiden will, kann sie von mir aus zur Halloween-Party am 30.
Allerdings hatte sie selbst einen viel pfiffigeren Kompromiss-Vorschlag: Sie klingelt bei den Bewohnern unserer Straße, singt ein Lied und hält für jeden Interessierten einen Ausdruck der 95 Thesen bereit. Das ist doch mal eine dem Reformationstag angemessene Aktion :-)
PS: Ich vertrete hier nur meine rein persönliche Meinung und keinesfalls eine allgemeine protestantische Sicht. Eine „autorisierte“ evangelische Sicht auf das Verhältnis zwischen Reformationstag und Halloween findet Ihr zum Beispiel hier: https://www.ekd.de/halloween-ursprung-und-bedeutung-13330.htm
die religiösen Obrigkeiten sich unter dem Geldregen die Hände rieben.