Jedes Kind hat mal eine Phase, in denen es keine Hausaufgaben machen möchte, nicht gerne in die Schule geht oder schlechte Noten mit nach Hause bringt. Doch was, wenn die Phase nicht mehr enden will? Oftmals machen sich die Eltern Vorwürfe, doch Schwierigkeiten in der Schule können ganz verschiedene Ursachen haben.
Alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder, dass sie in der Schule gut zurechtkommen, Freunde finden und Spaß am Lernen entwickeln. Allerdings geht dieser Wunsch nicht immer in Erfüllung. Manche Kinder haben von Anfang an kleinere oder sogar große Schwierigkeiten, sich in den Schulalltag einzufinden und mit den Klassenkameraden mitzuhalten. Selbst ein guter Start in das Schulleben ist leider keine Garantie dafür, dass dieser Zustand bis zum Ende der Schulzeit anhält. Es kann immer zu Problemen kommen, die sich teils massiv auf die Lebensqualität des Kindes und die schulischen Leistungen auswirken.
Doch wie könnt ihr erkennen, ob euer Kind ernsthafte Probleme in der Schule hat oder nur eine Phase durchläuft? Noten, die scheinbar urplötzlich schlechter werden, sind in vielen Fällen, aber nicht immer, ein Indiz dafür, dass etwas nicht stimmt. Grund genug also, das Ganze genauer zu beobachten. Schließlich verliert kein Kind von heute auf morgen die Lust am Lernen. Es gibt aber noch andere Anzeichen, die auf Schulprobleme hindeuten. Sie beziehen sich auf Veränderungen im Verhalten des Kindes, die nicht oder nicht nur durch die Pubertät zu erklären sind.
Manche Kinder wirken plötzlich in sich gekehrt, sie ziehen sich immer häufiger zurück. Andere Kinder reagieren mit vermehrter Aggression und/oder weigern sich vehement, zu lernen und ihre Hausaufgaben zu erledigen. Wieder andere Kinder versuchen sich morgens vor der Schule zu drücken. Sie klagen täglich über Bauch- oder Kopfschmerzen oder andere Beschwerden.
Im Allgemeinen solltet ihr ruhig und sachlich, keinesfalls aber übertrieben auf schlechter werdende Noten und Verhaltensänderungen reagieren. Dahinter stecken längerfristige Prozesse, deren Ursache es herauszufinden gilt.
Kinder gelten als verhaltensauffällig, wenn sie sich oft erheblich anders verhalten als andere Kinder gleichen Alters in der gleichen oder einer ähnlichen Situation. Je nach Häufigkeit und Stärke des Auftretens spricht man nicht mehr von Verhaltensauffälligkeiten, sondern von Verhaltensstörungen. Ein solches Verhalten kann verschiedene Ursachen haben.
Die Gründe für die Verhaltensauffälligkeiten können ganz verschiedener Natur sein. Wenn ein Kind nicht stillsitzen kann, oft unkonzentriert ist und durch Reinrufen oder andere Auffälligkeiten im Sozialverhalten den Unterricht stört, ist schnell von ADS oder ADHS die Rede. Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, das häufig mit einer Hyperaktivitätsstörung einhergeht, kann durch eine Stoffwechselstörung des Gehirns auftreten. Doch in so manchem Fall ist AD(H)S eine vorschnelle Diagnose. Die Verhaltensweisen, die typisch für AD(H)S sind, können auch ganz andere Ursachen haben, mit denen entsprechend anders umzugehen ist.
In manchen Fällen kann es auch an einer Unter- oder Überforderung liegen, dass ein Kind verhaltensauffällig ist. Kinder, die sich im Unterricht langweilen oder den Aufgaben nicht gewachsen sind, können ein ähnliches Verhalten an den Tag legen wie solche mit AD(H)S. Die Langeweile kann durch eine Hochbegabung kommen oder hinter der Überforderung kann ein zu hoher Leistungsdruck stecken, dem das Kind entwicklungstechnisch nicht gewachsen ist. In jedem Fall aber mangelt es Kindern, die an einer Unter- oder Überforderung leiden, an Motivation, etwas für die Schule zu tun und im Unterricht mitzumachen. Dadurch ist es möglich, dass auch ein Kind mit einer schnellen Auffassungsgabe und regem Interesse immer schlechtere Noten mit nach Hause bringt.
Verhaltensauffälligkeiten treten häufig auch dann auf, wenn das Kind unter emotionalem Stress leidet. Dieser wird durch bestimmte Situationen im sozialen Umfeld hervorgerufen, etwa die Scheidung der Eltern, Krankheit oder Tod eines nahestehenden Menschen oder die Angst vor der Schule. Letztere kann wiederum unterschiedliche Ursachen haben, wie Probleme mit einem Lehrer oder mit Mitschülern.
Manchmal ist auch einfach eine schwierige Entwicklungsphase der Grund für Auffälligkeiten im Verhalten. Solche Phasen sind der Schuleintritt, der Schulwechsel nach der Grundschule oder die einsetzende Pubertät. Gerade bei den Klassenclowns kann das Verhalten auch an fehlenden Grenzen, zu wenigen festen Regeln oder auch an einer zu strengen Erziehung liegen. Mangelnde Bewegung und ein daraus folgender Energieüberschuss ist ebenfalls eine mögliche Ursache für zappelige, unkonzentrierte Kinder.
Viele Kinder haben Schwierigkeiten, das Lesen, Schreiben oder Rechnen zu lernen, doch manche tun sich extrem schwer damit. Dahinter kann eine Teilleistungsstörung stecken.
Es handelt sich hierbei um eine genetisch bedingte Teilleistungsstörung des Gehirns, die als Erbanlage mitgebracht wird oder in der frühen Entwicklung entsteht. Sie hat nichts mit mangelnder Begabung oder einer anderen Beeinträchtigung zu tun. Im Gehirn von Betroffenen sind neuropsychologische Funktionen teilweise gestört – wie etwa Merkfähigkeit, Gedächtnis oder Wahrnehmungsverarbeitung, die für das Lernen wichtig sind (daher Teil-Störung).
Legastheniker haben deswegen anhaltend Schwierigkeiten, Schriftzeichen in Sprachlaute umzusetzen und umgekehrt. Sie haben vor allem Leistungsdefizite beim Lesen: Wörter werden ausgelassen, hinzugefügt oder vertauscht. Gelesenes kann nur schwer in eigene Worte gefasst werden. Grammatik und Zeichensetzung machen große Probleme, selbst beim Abschreiben von Texten. Die Fehler werden beim gleichen Wort an unterschiedlichen Stellen gemacht.
Legasthenie macht sich oft schon im Kleinkindalter bemerkbar, etwa wenn ein Kind einen vergleichbar geringen Wortschatz oder Schwierigkeiten damit hat, Reime zu erkennen, Silben zu klatschen oder Laute zu hören.
Häufig wird die Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) mit Legasthenie gleichgesetzt, weil sich die Auswirkungen sehr ähnlichsehen: Das betroffene Kind hat erhebliche Probleme, flüssig zu lesen und macht im Vergleich zu anderen Kindern seines Alters beim Schreiben überdurchschnittlich viele Fehler. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Während die Legasthenie, auch Lese-Rechtschreib-Störung genannt, vererbt wird und damit genetisch bedingt ist, kann eine Lese-Rechtschreib-Schwäche verschiedene Ursachen haben.
Dazu gehören mangelnde Übung durch Unterrichtsausfall oder fehlende Förderung, neurologische oder psychische Erkrankungen, Aufmerksamkeitsstörungen, motorische Störungen sowie Einschränkungen im Seh- oder Hörvermögen. Aber auch das soziale Umfeld (niedriges Bildungsniveau der Eltern, finanzielle Schwierigkeiten) und familiäre Belastungen (Scheidung, Todesfall) können die Ursache sein.
Eine Dyskalkulie, sprich eine Rechenschwäche, ist eine verzögerte Entwicklung des mathematischen Denkens. Betroffene Kinder erbringen in Mathe dauerhaft schlechte Leistungen ohne erkennbaren Grund, sind aber sonst gut in der Schule. Daher gilt Dyskalkulie ebenfalls als Teilleistungsschwäche. Sie liegt dann vor, wenn selbst einfache Rechenaufgabe nur schwer zu meistern sind.
Manche Kinder können nur mit den Fingern oder anderen Hilfsmitteln rechnen, erfassen die Grundrechenregeln nicht oder haben Schwierigkeiten, Tabellen oder Karten zu lesen. Andere können Größenverhältnisse und Unterschiede bei Längen und Formen nicht einschätzen. Bei Textaufgaben können sie die Angaben im Text nicht in eine Rechenaufgabe umwandeln. Da in Fächern wie Sachkunde, Physik und Chemie ebenfalls gerechnet werden muss, kommt es auch hier zu Schwierigkeiten im Unterricht.
Die Ursachen für Dyskalkulie sind noch nicht ganz geklärt. Was dazu beitragen kann, ist eine Konzentrationsschwäche, eine differenzierte visuelle und/oder auditive Wahrnehmung, fehlerhaftes räumliches Denken sowie Schwierigkeiten mit Symbolik und abstrakten Modellen.
Um eine Dyskalkulie frühzeitig zu erkennen, sollten Eltern in den ersten beiden Schuljahren auf die mathematischen Leistungen des Kindes achten und gegebenenfalls einen spezialisierten Lerntherapeuten um Rat fragen. Manche Kinder weisen schon im Kindergartenalter Probleme beim Zählen auf.
Teilleistungsstörungen sorgen nicht nur für Probleme in Deutsch und Mathe, sondern auch in andern Schulfächern. Hausaufgaben und Arbeitsaufträge im Unterricht können nur mühevoll bewältigt werden. Betroffene Kinder hängen hinterher und haben das Gefühl, nicht so schlau zu sein wie ihre Mitschüler. Das frustriert und wirkt sich auf die Psyche aus. Mit den richtigen Therapieansätzen könnt ihr Abhilfe schaffen und die Defizite zumindest teilweise ausgleichen.
Der Unterschied zwischen Legasthenie und LRS machen sich auch in der Therapie bemerkbar: Bei einer Lese-Rechtschreib-Schwäche geht es darum, durch häufiges Üben die Rechtschreibregeln und das flüssige Lesen zu erlernen und damit die Schwäche auszugleichen. Bei einer Legasthenie reicht das alleine nicht aus. Es müssen auch die Grundlagen gefördert werden, was sich unter anderem in Aufmerksamkeits- und Konzentrationstraining und der Förderung der taktilen Wahrnehmung niederschlägt.
Um den Schulalltag zu erleichtern, gibt es die Möglichkeit, einen sogenannten Nachteilsausgleich in der Schule zu vereinbaren. Das bedeutet, dass Kinder mit Leistungssteilstörungen bei Klassenarbeiten und Tests mehr Zeit bekommen und bei Lese-Rechtschreib-Problemen die Rechtschreibung nicht benotet wird.
Ihr solltet eurem Kind erklären, worum es sich bei ihrer Beeinträchtigung genau handelt und dass das nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun hat. Es ist wichtig, Erfolgserlebnisse zu schaffen, das Kind zu unterstützen und keinen Druck auszuüben. Das Kind sollte zum Lernen und Üben motiviert werden, um langfristig besser zu werden.
Es gibt viele Gründe, warum Kinder Angst davor haben, in die Schule zu gehen. Das können Versagensängste aufgrund von Teilleistungsstörungen sein, Probleme mit Lehrern oder Mitschülern, Leistungsdruck sowie Prüfungsangst. Alle Gründe basieren auf schlechten Erfahrungen, die das Kind in der Schule gemacht hat. Die Konsequenz: Kinder mit Schulangst wollen morgens nicht aufstehen, manche klagen über Schmerzen oder haben mit Lernblockaden zu kämpfen. Schlaflosigkeit und Aggressivität können ebenfalls ein Zeichen für Schulangst sein. Umso wichtiger ist es, dass ihr die Ursachen herausfindet und sie behebt.
Tests und Klassenarbeiten schreiben oder ein Referat vor der ganzen Klasse halten – kaum ein Schüler fühlt sich in solchen Situationen wohl. Stattdessen macht sich Aufregung und eine leichte Nervosität breit. Bei manchen Kindern ruft der bloße Gedanke an Prüfungssituationen, in denen man sich beweisen muss, richtige Angstzustände hervor. Auf Schweißausbrüche, beschleunigte Atmung und zitternde Hände folgt der gefürchtete Blackout: Das Wissen scheint wie weggeblasen und dementsprechend fällt die Note aus – ein Grund mehr, beim nächsten Mal wieder Angst zu haben.
Daraus entwickelt sich ein Teufelskreis, der jegliche Motivation nimmt, sich für die Schule anzustrengen. Dazu kommt das Gefühl, nichts zu können. Was dagegen hilft, ist eine Vorgehensweise für Prüfungssituationen zu entwickeln, mit denen die Angst auf ein normales Nervositätslevel gesenkt wird. Positiv formulierte Motivationssätze wie „Ich schaffe das“ oder „Ich habe viel dafür geübt“ mindern das Angstdenken. Bewusst tief ein- und ausatmen beruhigt den Herzschlag und wirkt entspannend.
Außerdem hilft es, bei schriftlichen Prüfungen zuerst die Aufgaben zu erledigen, die man lösen kann. Das macht Mut, sich an die schwierigeren Aufgaben heranzuwagen. Ihr könnt euren Kindern dabei helfen, die Prüfungsangst zu überwinden, indem ihr keine zu hohen Erwartungen an die Leistungen habt und bei schlechten Noten nicht mit Wut reagiert.
Leider kommt es immer wieder vor, dass Kinder in der Schule gemobbt werden. Dieses Verhalten findet sich inzwischen selbst in den Grundschulen: Ein oder sogar mehrere Schüler hetzen gegen einen einzelnen; aus harmlosen Auseinandersetzungen können fiese Beleidigungen bis hin zu Handgreiflichkeiten und Sachbeschädigung werden. Mobbing über die sozialen Netzwerke ist ebenfalls ein großes Problem.
Kinder, die Opfer von Mobbing sind, zeichnen sich durch Verhaltensveränderungen aus. Sie ziehen sich oft zurück, wirken ängstlich und niedergeschlagen. Vor allem nach der Schule sind sie oft angespannt. Sie wollen nur noch in Begleitung oder gar nicht mehr zur Schule gehen, die Noten werden auf einen Schlag schlechter. Bei beschädigten oder fehlenden Gegenständen erfinden sie Ausreden, ebenso bei körperlichen Verletzungen.
Eltern können nicht den ganzen Tag auf ihre Kinder aufpassen, wenn sie in der Schule sind, und sie vor gemeinen Mitschülern beschützen. Das ist auch gar nicht nötig, denn es gibt vieles, was ihr außerhalb der Schulzeit für euer Kind tun könnt, damit es bald wieder ohne Angst in die Schule gehen kann.
Sobald ihr den Verdacht habt, dass euer Kind gemobbt wird, solltet ihr es darauf ansprechen und ihm die Möglichkeit zum Gespräch bieten – aber ohne zu bedrängen. Für euer Kind ist es sehr wichtig, dass es jemanden hat, mit dem es über die Situation sprechen kann und bei dem es sich sicher fühlt. Achtet aber auch darauf, dass das Thema nicht überhandnimmt und den Familienalltag bestimmt.
Übt mit eurem Kind bestimmte Verhaltensweisen ein, mit denen es sein angeschlagenes Selbstbewusstsein wieder aufbaut und stärker gegen Mobbing-Attacken wird. Dazu gehört es, mit ihm über seine Stärken zu sprechen und ihm klar zu machen, was es alles gut kann. Außerdem hilft eine Liste mit all den Personen, die das Kind lieben und mögen und denen, die es nicht mögen. Sie hält dem Kind vor Augen, dass es von viel mehr Personen gemocht wird als nicht gemocht. Sprecht mit eurem Kind über Situationen, in denen es von anderen ausgegrenzt wurde und was ihr dagegen getan habt. Das macht Mut, die Sache zu überstehen.
Schulangst kann auch entstehen, wenn das Kind die Schule wechselt. Wenn nach der Grundschule der Übergang zu einer weiterführenden Schule ansteht, löst das bei vielen Kindern Sorgen und Ängste aus. Womöglich sind sie nicht mehr mit ihren besten Freunden zusammen in einer Klasse und müssen nun mit einem anderen Bus zu ihrer neuen Schule fahren. Generell müssen sie sich mit neuen Mitschülern und fremden Lehrern auseinandersetzen. Dazu kommen weitere Veränderungen, auf die die Kinder in der Grundschule kaum vorbereitet werden: Neue Unterrichtsfächer, längere Schultage und ein höheres Leistungsniveau.
Ein Schulwechsel kann auch durch einen Umzug bedingt sein. Manchmal müssen Kinder dann im laufenden Schuljahr in eine andere Schule wechseln, was zusätzliche Stressfaktoren mit sich bringt. Anders als beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule, ist das Kind im Falle eines Umzugs als einziges neu an der Schule und in der Klasse. Alle anderen kennen sich schon, womöglich sogar seit Jahren, was einschüchtern kann.
Um eurem Kind die Angst vor der neuen Schule zu nehmen, solltet ihr Interesse am Schulalltag zeigen und ein offenes Ohr für die Sorgen eures Kindes haben. Zeigt Sie eurem Kind, dass ihr da seid und es unterstützt. Habt ihr eine ähnliche Situation schon einmal selbst erlebt, könnt ihr eurem Kind davon erzählen und sagen, wie ihr damit zurechtgekommen seid. Was auch hilft, ist, den Kontakt zu alten (Schul‑) Freunden aufrechtzuerhalten, damit sich die Kinder über ihre Erlebnisse austauschen können.